Vor kurzem erinnerte mich ein guter Freund daran, dass er im Falle seines Todes keine normale Trauerfeier haben möchte. Er würde sich eine fröhliche Feier wünschen. Er sei ja auch ein fröhlicher Mensch und wolle nicht, dass bei seiner Beerdigung alle traurig seien. Dazu hat er dann auch gleich noch ein passendes Lied gefunden. Von der Band Santiano „Ihr sollt nicht trauern!“. (Hier der YouTube-Link dazu: „Ihr sollt nicht trauern – Santiano“)

Niemand möchte andere traurig machen

Im ersten Moment konnte ich das ja auch nachvollziehen. Wohl niemand möchte seine Familie und Freunde traurig machen. Deshalb habe ich den Wunsch nach einer nicht so traurigen Beerdigung auch schon häufiger gehört. Und ich erfülle diesen Wunsch auch – sofern möglich. In Abschiedsreden bringe ich dann gerne kleine Anekdoten ein, die den ein oder anderen der Trauergäste zum Schmunzeln oder sogar zum Lachen bringen. Denn auch das gehört zur Erinnerung dazu.

Aber dieser Wunsch ging ja weiter. „Ihr sollt nicht trauern.“ Und das empfinde ich als übergriffig, ja als Bevormundung. Das geht mir eindeutig zu weit. Wenn ein Mensch stirbt, den ich gern habe, den ich nun vermisse, dann bin ich traurig und dann möchte ich auch traurig sein dürfen. Ich möchte weinen können, wenn es mir danach ist und kein schlechtes Gewissen haben, weil ich weiß, dass ich mit meiner Traurigkeit den Wunsch des Verstorbenen nicht erfülle. Und so fiel mir auf, dass dieser Wunsch eigentlich ein egoistischer ist. So wie es egoistisch ist, jemandem, der gerade weint, aus eigener Hilflosigkeit heraus zu sagen:

„Sei doch nicht so traurig!“

Das sagt man, weil man nicht weiß, was man tun soll, wie man helfen kann. Das sagt man, weil man selbst mit der Situation überfordert ist. Wir möchten, dass jemand aufhört zu weinen, damit wir uns besser fühlen. Wie viel besser wäre es, die eigene Hilflosigkeit zuzugeben, zuzuhören oder einfach nur da zu sein und jemanden in den Arm zu nehmen. Damit können wir wirklich helfen, aber nicht damit, dem anderen die Traurigkeit zu verbieten.


Und deshalb würde ich diesen Wunsch auch nicht erfüllen wollen. Jedenfalls nicht so. Ich wäre für eine Trauerfeier im Wortsinn. Also für eine Feier, bei der man sich gemeinsam erinnert und über die vielen fröhlichen Momente, die man zusammen hatte, freut. Eine Feier, bei der dann auch gelacht werden darf. Ja, das schon. Aber eben auch eine Feier, bei der man trauern darf. Denn man hat einen wichtigen Teil des eigenen Lebens verloren. Und diese Lücke zu begreifen, tut eben auch weh.

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